Grundrechte schützen nicht vor Ausbeutung
Migration als zentrales Thema beim Tag des Rechtsstaats und der Grundrechte
„Die Grundrechte verbürgen gewisse Mindeststandards wie Schutz des Lebens, Recht auf Familienzusammenführung oder Schutz vor menschenunwürdiger Behandlung und Sklaverei. Aber sie können Migranten vor der Ausbeutung durch Private nicht schützen. Insbesondere wenn sich Ausländer in Österreich zwar legal aufhalten dürfen, ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt aber verwehrt bleibt, werden sie oft in die Illegalität gedrängt und Illegalität fördert die Ausbeutung. Der Staat trägt auch Verantwortung für die Folgen seiner Verbote.“ Univ. Prof. Dr. Ewald Wiederin vom Institut für Verfassungs- und Verwaltungsrecht der Universität Salzburg ließ in seinem Referat anlässlich des „Tages des Rechtsstaats und der Grundrechte“ keinen Zweifel daran, dass er in der Migrantenfrage für die Politik durchaus Handlungsbedarf sieht.
Bei der heutigen Veranstaltung zum Themenkomplex „Migration - Ausbeutung - Grundrechte“ im Weißen Saal der Grazer Burg, die von Landesamtsdirektor Univ. Prof. Dr. Gerhart Wielinger eröffnet wurde, referierte neben Dr. Ewald Wiederin auch Dr. Helfried Faschingbauer, Landesgeschäftsführer AMS Steiermark. Faschingbauer war sich mit Wiederin über die Bedeutung des Rechts auf Arbeit völlig einig. „Es muss ein zentrales Anliegen der Politik sein, allen Ausländern, die sich legal in Österreich aufhalten, den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Denn das bedeutet in Folge Zugang zur Gesellschaft und zu sozialen Rechten.“
Die Steiermark weise mit 4,5 Prozent österreichweit den geringsten Anteil an ausländischer Wohnbevölkerung auf, so Faschingbauer. „Die Migranten sind aber weit davon entfernt, eine Minderheit zu sein. In Österreich sind 1,119 Millionen Menschen direkt oder indirekt von Migration betroffen. Diese Zahl ist durchaus mit der Einwohnerzahl der Steiermark vergleichbar. Und niemand würde behaupten, die Steirer seien eine Minderheit!“ Faschingbauer plädierte in diesem Zusammenhang für die Abschaffung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes: „Viel Bürokratie, wenig Wirkung.“ Sogar die Arbeitnehmervertretung sei inzwischen für die Abschaffung.
Obwohl die Grundrechte insbesondere im Spannungsfeld des Migrationsproblems nicht alles leisten könnten, was wünschbar sei, meinte Wiederin in seinem Schlussstatement: „Ohne die Grundrechte wäre die Welt ärmer und schlechter!“
Graz, am 15. Mai 2003